Slowakisch (slowakisch: slovenčina) wird von etwa fünf Millionen Slowaken in der Slowakei und etwa einer Million Auswanderer in
Nordamerika gesprochen. Kleinere Sprachgruppen gibt es heute noch in Ungarn, Rumänien, Serbien, Tschechien, Kanada und den USA. Seit
dem Beitritt der Slowakei in die Europäische Union ist slowakisch eine der EU-Amtssprachen.
Slowakisch gehört - ebenso wie Tschechisch, Polnisch, Kaschubisch und Sorbisch - zu den westslawischen Sprachen. Durch die gemeinsame
Geschichte und Verbindung in der Tschechoslowakei verstehen sich Slowaken und Tschechen relativ problemlos, allerdings tut sich die
jüngere Generation, die nach der Trennung der Slowakei und Tschechiens sprachlich sozialisiert worden ist, schon deutlich schwerer.
Das Slowakische entstand im 10. Jahrhundert nach dem Untergang des Großmährischen Reiches aus der Sprache der slověne (ausgesprochen etwa [slowäne](offenes e) oder [slowene] (mittleres e)), das heißt der Bevölkerung dieses Reichs (siehe unter Slawen), in Form mehrerer Dialekte. Vom 10. bis zum 19. Jahrhundert wurde im Königreich Ungarn (dessen Bestandteil die Slowakei im 11. Jahrhundert geworden war) als Amts- und Literatursprache vorwiegend Latein verwendet. Außerdem wurde zum Teil Deutsch und Ungarisch verwendet. Daneben begann vor allem das Bürgertum der Slowakei im 13. und 14. Jahrhundert, die eigene Sprache als (parallele) Amtssprache zu verwenden, wobei man allerdings schon bald (am Ende des 14. Jahrhunderts) dazu überging, in dieser Funktion und später auch als Literatursprache das Tschechische einzusetzen. Die Gründe hierfür waren anfangs vor allem, dass es sich um eine bereits “fertige“ Schriftsprache eines verwandten Landes mit einer berühmten Universität in Prag handelte, im 15. Jahrhundert auch der Einfluss tschechischer Hussiten in der Slowakei und später auch der Einfluss tschechischer protestantischer Emigranten in der Slowakei. Umgekehrt waren unter den vier wichtigsten Erneuerern der tschechischen Sprache im 18. und 19. Jahrhundert zwei Slowaken, Jan Kollár und Pavel Jozef Šafárik. Die tschechischen Texte wurden aber sehr oft (bewusst oder unbewusst) mit slowakischen Elementen versehen (so genanntes slowakisiertes Tschechisch, siehe auch Žilina). Im mündlichen Gebrauch wurden natürlich weiterhin die jeweiligen slowakischen Dialekte verwendet.
Obwohl es schon im 16. Jahrhundert Versuche gab, eine gemeinsame slowakische Schriftsprache zu etablieren, wurde die erste richtige
einheitliche Schriftsprache erst 1787 von Anton Bernolák auf der Grundlage des westslowakischen Dialektes aus der Umgebung Trnavas
festgelegt. Die heutige slowakische Schriftsprache wurde in den 1840er Jahren des 19. Jahrhunderts von Ludovít Štúr auf der
Basis eines mittelslowakischen Dialektes festgelegt (siehe Nationale Wiedergeburt der Slowaken). Die Tatsache, dass die Sprache erst so
relativ spät kodifiziert wurde, ist verantwortlich dafür, dass das slowakische Formensystem einfacher ist als das tschechische.
Seit dem 1. Mai 2004 ist Slowakisch eine der Amtssprachen in der EU.
Slowakisch ist eine stark flektierende Sprache mit sechs grammatischen Fällen.
Grundregeln
- Im Slowakischen wird grundsätzlich die erste Silbe betont.
- Die mit dem „Dĺžeň“ (= Verlängerungszeichen) gekennzeichneten Buchstaben (á, é, í, é, ú, ý,
ĺ, ŕ) werden lang ausgesprochen. Die beiden seltenen Konsonanten ĺ und ŕ sind dabei deutlich
lang auszusprechen. Lange und betonte Silben fallen nicht notwendigerweise zusammen, das
heißt es gibt auch unbetonte Längen.
- Die mit dem „Mäkčeň“ (= Weichheitszeichen) gekennzeichneten Buchstaben (ď, ň, ľ, ť)
werden weich ausgesprochen, das heißt in der Regel mit einem Anklang an ein j hinter dem
Konsonanten artikuliert. In der Phonetik ist dies als Palatalisierung bekannt und bezeichnet die
Aussprache eines Konsonanten mit zum harten Gaumen angehobener Zungenmitte. Ferner
werden mit diesem diakritischen Zeichen Zischlaute bezeichnet (č, dž, š, ž)
Verwirrenderweise wird der Mäkčeň bei Großbuchstaben und bei kleinen č, dž, ň, š, ž stets als
ˇ, nach kleinen ď, ľ, ť meist als zum Buchstaben gehörende allographische Variante des
Apostrophs ’ geschrieben.
Vor e und i werden d/l/n/t palatalisiert ausgesprochen, das heißt mit einem Anklang an ein j
hinter dem Konsonanten artikuliert. Die Zunge geht dabei zum vorderen Gaumen. Von dieser
Regel gibt es eine Reihe von Ausnahmen, vor allem in Fremdwörtern (zum Beispiel wird das
Wort telefén wie auf Deutsch ausgesprochen), aber auch in einer kleineren Gruppe
einheimischer Wörter wie teraz „jetzt“.
Die meisten Buchstaben werden ausgesprochen wie im Deutschen. Anders gesprochen werden (zum Teil aufgrund der vorstehend genannten
Grundregeln):
Aussprache der slowakischen Laute
Aussprache im Deutschen mit Beispielen
á, é, í, ó, ú, ý | [aː], [ɛː], [iː], [ɔː], [uː], [iː] | langes a, e, i, o, u, i | áno, pekné, slovník, móda, kultúra, nový | Wahrheit, Mähne, Liebe, englisch all, Huhn, Liebe |
ä | [æ] oder [ɛ] | sehr offenes e oder einfach ä | päť | ungefähr wie Kälte in Norddeutschland |
ô | [u̯o] | uo | stôl | zusammengesprochenes uo, ein Diphthong |
c | [ʦ] | stimmloses tz, z | ceruzka | z (Zimmer) |
dz | [ʣ] | stimmhaftes dz, z | medza | italienisch organizzare, griechisch dzügos |
č | [ʧ] | stimmloses tsch | slečna | tsch (deutsch) |
ch | [x] | stimmloses ch, auch am Wortanfang | chlieb | wie dt. ch in Bach, Nacht |
dž | [ʤ] | stimmhaftes dsch | džem | dsch (Dschungel) |
s | [s] | stimmloses s | slovník | weiß |
z | [z] | stimmhaftes s | zošit | wie zero im Englischen, Rose in Teilen des deutschsprachigen Raums |
š | [ʃ] | stimmloses sch | škola | sch (Schule) |
ž | [ʒ] | stimmhaftes sch | žena | französisch garage |
ď | [ɟ], [dʲ] | palatalisiertes (weiches) d | ďakujem | ungefähr wie in Nadja |
ť | [c], [tʲ] | palatalisiertes (weiches) t | robiť | ungefähr wie in Katja |
ň | [ɲ], [nʲ] | palatalisiertes (weiches) n | deň | französisch Avignon, spanisch ñ oder ungenau wiedergegeben Tanja |
ľ | [ʎ], [lʲ] | palatalisiertes (weiches) l | učiteľ | wie gli... im Italienischen oder ll im kontinentaleurop. Spanisch |
l | [ɫ] | hartes l | neutral | l mit stark gesenkter Zungenmitte (ähnlich wie in zahlreichen deutschen Dialekten, z. B. Schweizerdeutsch oder Kölsch) |
r | [r] | immer Zungen-r | ryba | reden (Zungen-r) |
v | [v] | stimmhaftes w | váza | w (Wasser) |
Die als „rhythmische Kürzung“ bekannte Regel ist für das Slowakische charakteristisch. Gemäß dieser Regel
dürfen im Slowakischen zwei lange Silben nicht aufeinander folgen. Wenn zwei lange Silben aufeinander folgen sollten, wird meistens die
zweite gekürzt, zum Beispiel:
- krátky - normalerweise würde das „y“ auch ein mit Dĺžeň geschrieben werden
(Adjektivendung -ký), also *krátký, was aber durch die rhythmische Kürzung vermieden wird,
denn krá ist schon eine lange Silbe
- biely - hier ist bie schon eine lange Silbe (ie ist ein Diphthong), somit kommt bei „y“ kein
Dĺžeň vor
Es gibt allerdings auch eine Reihe von Ausnahmen, so etwa die Possessivadjektive auf -í (z. B. vtácí / vtací „zum
Vogel gehö,rig“), Substantive mit den Suffixen -ie (z. B. prútie „Reisig“) u. a. m., außerdem wird die
Endung der 3. Person Plural auf -ia nie gekürzt. Die Menge der Ausnahmen nimmt jedoch im Alltagsgebrauch und entsprechend bei jeder
Neukodifizierung der Sprache ständig ab. So hieß es z. B. noch vor 15 Jahren píšúci (schreibend), mliekáreň
(Molkerei), kamzící (zur Gemse gehö,rend), seit etwa 1997 jedoch bereits píšuci, mliekareň, kamzičí usw.
Das gesprochene Slowakisch zerfällt in zahlreiche Dialekte. Diese lassen sich jedoch in 3 Hauptgruppen unterteilen:
- Ostslowakische Dialekte in den Regionen Spiš (deutsch Zips), šariš (deutsch Scharosch),
Zemplín (deutsch Semplin) und Abov (deutsch Abaujwar oder Neuburg),
- Mittelslowakische Dialekte in den Regionen Liptov (deutsch Liptau), Orava (deutsch Arwa),
Turiec (deutsch Turz), Tekov (deutsch Barsch), Hont, Novohrad (deutsch Neuburg oder
Neograd), Gemer (deutsch auch Gömör) und des historischen Komitats Zvolen (deutsch
Altsohl)
- Westslowakische Dialekte in der Region Kysuce und den Komitaten Bratislava (deutsch
Preßburg), Esztergom (deutsch Gran), Komárno (deutsch Komorn), Nitra (deutsch Neutra),
Trencín (deutsch Trentschin).
Folgendermaßen schreibt man sie im Web und in der Wikipedia:
Groß | Unicode | Beschreibung | Klein | Unicode | Beschreibung |
---|---|---|---|---|---|
Á | Á | A mit dĺžeň | á | á | a mit dĺžeň |
Ä | Ä | A Umlaut | ä | ä | a Umlaut |
Č | Č | C mit mäkčeň | č | č | c mit mäkčeň |
Ď | Ď | D mit mäkčeň | ď | ď | d mit mäkčeň |
É | É | E mit dĺžeň | é | é | e mit dĺžeň |
Í | Í | I mit dĺžeň | í | í | i mit dĺžeň |
Ľ | Ľ | L mit mäkčeň | ľ | ľ | l mit mäkčeň |
Ĺ | Ĺ | L mit dĺžeň | ĺ | ĺ | l mit dĺžeň |
Ň | Ň | N mit mäkčeň | ň | ň | n mit mäkčeň |
Ó | Ó | O mit dĺžeň | ó | ó | o mit dĺžeň |
Ô | Ô | O circumflex | ô | ô | o circumflex |
Ŕ | Ŕ | R mit dĺžeň | ŕ | ŕ | r mit dĺžeň |
Š | Š | S mit mäkčeň | š | š | s mit mäkčeň |
Ť | Ť | T mit mäkčeň | ť | ť | t mit mäkčeň |
Ú | Ú | U mit dĺžeň | ú | ú | u mit dĺžeň |
Ý | Ý | Y mit dĺžeň | ý | ý | y mit dĺžeň |
Ž | Ž | Z mit mäkčeň | ž | ž | z mit mäkčeň |
Die slowakische Sprache wird vom Jazykovedný ústav Ĺudovíta Štúra SAV (Sprachwissenschaftliches
Ĺudovít-Štúr-Institut der Slowakischen Akademie der Wissenschaften) reguliert, normiert und kodifiziert. Die jeweils
aktuellen Auflagen folgender 4 Werke sind per Gesetz für jeglichen offiziellen Gebrauch der Sprache absolut verpflichtend:
Doruľa, Ján et al. (spätere Auflagen von Kačala J. - Pisarčíková M. et al. redigiert): Krátky
slovník slovenského jazyka [Kurzwörterbuch der slowakischen Sprache] (Abk. KSSJ; dies ist ein Äquivalent des deutschen Duden
- Deutschen Universalwörterbuchs):
1. Auflage: Veda, Bratislava, 1987
2. Auflage: Veda, Bratislava, 1989
3. Auflage: Veda, Bratislava, 1997
4. Auflage: Veda, Bratislava, 2003
Diverse Autoren: Pravidlá slovenského pravopisu [Regeln der slowakischen Rechtschreibung] (Abk. PSP; dies ist ein Äquivalent
des deutschen Duden Rechtschreibwörterbuchs):
1. Auflage: Státní nakladatelství, Prag, 1931
1. (“2“) Auflage: Matica slovenská, (?)Martin, 1940
1. (“3“) - 11. (“13“) Auflage: Vydavateľstvo SAV, Bratislava, 1953 - 1971
1. (“14“) Auflage: Veda, Bratislava, 1991
2. (“15“) Auflage: Veda, Bratislava, 1998
3. (“16“) Auflage: Veda, Bratislava, 2000
Kráľ, Ábel: Pravidlá slovenskej výslovnosti [Regeln der slowakischen Aussprache] (Abk. PSV; dies ist ein
Äquivalent des deutschen Duden Aussprachewörterbuchs):
1. Auflage: SPN, Bratislava, 1984
2. Auflage: SPN, Bratislava, 1988
3. Auflage: SPN, Bratislava, 1996
4. Auflage: Matica slovenská, Martin, 2005
Ružička, J. et al.: Morfológia slovenského jazyka [Morphologie der slowakischen Sprache] (Abk. MSJ), Vydavateľstvo
SAV, Bratislava, 1966