Die polnische Sprache (Polnisch, poln. język polski) zählt zur lechischen Gruppe der westslawischen Sprachen, einer Untergruppe der indogermanischen Sprachfamilie. Sie ist eng verwandt mit dem Kaschubischen, dem Tschechischen, dem Slowakischen und dem Sorbischen (das von einer in Deutschland lebenden Minderheit gesprochen wird). Polnisch ist die Landessprache Polens. Zu den 38 Millionen Polnischsprechern in Polen kommen noch ca. 15-18 Millionen im Ausland. Es gibt größere Sprecherzahlen in Russland, Litauen, Weißrussland, der Ukraine und Tschechien und den anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion, aber auch in Kanada, Irland, Argentinien und Australien. Bedeutende polnische Minderheiten gibt es in den Vereinigten Staaten, wo Schätzungen zufolge etwa 6-10 Millionen Polnischsprachige leben, sowie Deutschland, Brasilien und Frankreich.
Die ältesten heute bekannten polnischen Schriftzeugnisse sind Namen und Glossen in lateinischen Schriftstücken, insbesondere in der Bulle von Gnesen des Papstes Innozenz II. von 1136, in der fast 400 einzelne polnische Namen von Ortschaften und Personen auftauchen. Den ersten geschriebenen vollständigen Satz fand man dagegen in der Chronik des Kloster Heinrichau bei Breslau. Unter den Einträgen des Jahres 1270 findet sich eine Aufforderung eines Mannes zu seiner mahlenden Frau. „aj, ać ja pobruszę, a ty poczywaj“, was in der Übersetzung lautet: „Lass mich jetzt mahlen, und du ruh dich aus.“
Zu den frühesten Denkmälern der polnischen Sprache gehören die „Bogurodzica“ - die erste polnische Hymne, die
„Heilig-Kreuz-Predigten“ und die „Gnesener Predigten“. Später wurden auch religiöse Texte aus dem
Lateinischen ins Polnische übertragen, beispielsweise der Psałterz Floriański („Florianer Psalter“) aus dem
14. Jahrhundert. Im 15. Jahrhundert wurde der zunächst bestehende Einfluss des Tschechischen zurückgedrängt, und das
Schriftpolnische emanzipierte sich vom Lateinischen. Nachdem Polnisch bis zum 16. Jahrhundert überwiegend von Geistlichen geschrieben
wurde, verbreitete es sich in der Folgezeit auch bei Adel und Bürgertum.
Die moderne polnische Literatursprache entwickelte sich im 16. Jahrhundert auf der Grundlage von Dialekten, die in der Gegend von
Posen im Westen Polens gesprochen wurden. Aus dieser Zeit stammen die Eulenspiegel- sowie die Chronikliteratur von Marcin Bielski
und die Prosaschriften von Mikołaj Rej. Ihr hohes sprachliches Niveau lässt auf eine lange gesprochene Tradition des Polnischen
am Königshof, in der staatlichen Verwaltung sowie auch in der weltlichen und kirchlichen Rhetorik schließen. Im 16. Jahrhundert
erreichte die polnische Sprache einen Stand, der sie wegen ihres Reichtums und ihrer Geschmeidigkeit zu den wichtigsten Sprachen
Mitteleuropas aufsteigen ließ. Die Gebildeten der Renaissance kämpften um die weitere Entwicklung des Polnischen und seine
Durchsetzung gegenüber dem Latein. „Die Völker außerhalb aber sollen wissen, dass die Polen keine Gänse sind, dass sie ihre eigene
Sprache haben!“ lautete die berühmte Maxime des als Vater der polnischen Literatur geltenden Mikolaj Rej aus dem Jahre 1562.
Im Polnischen gibt es eine Reihe von Lehnwörtern aus dem Alttschechischen und Mittelhochdeutschen (Jiddisch) sowie aus dem
Lateinischen; in jüngerer Zeit gingen Einflüsse auf die polnische Sprache insbesondere vom Weißrussischen, Ukrainischen, Russischen,
Hochdeutschen, Französischen und Englischen aus. Gegenwärtig ist ein besonders großer Einfluss des Englischen zu beobachten.
Polnisch wurde von Anfang an mit dem lateinischen Alphabet geschrieben (vgl. andere slawische Sprachen) und benutzt zur Wiedergabe der
polnischen Laute diakritische Zeichen.
Das polnische Alphabet besteht aus 32 Buchstaben und lautet vollständig:
A, A, B, C, Ć, D, E, Ę, F, G, H, I, J, K, L, Ł, M, N, Ń, O, Ó, P, R, S, Ś, T, U, W, Y, Z, Ź, Ż.
Ć, Ę, Ń und Y kommen nie am Wortanfang vor, deshalb sind die entsprechenden Großbuchstaben sehr selten und werden nur dann
verwendet, wenn das ganze Wort in Großbuchstaben geschrieben wird. Q, V und X werden nur bei Fremdwörtern benutzt, die (noch)
nicht polonisiert wurden. Seit Anfang der 1910er Jahre sind sie aber Teil des modernen polnischen Alphabets.
Zu den polnischen Dialekten gehören Großpolnisch (im Norden und Westen), Kleinpolnisch (um Krakau), und Masowisch (im Norden und Osten mit
Warschau) und Goralisch (im Süden) sowie Schlesisch (im Südwesten).
Das Kaschubische (im Norden Polens) wird von der Sprachwissenschaft heute weitgehend als eigenständige westslawische Sprache angesehen, auch wenn es
traditionell zu den polnischen Dialekten gezählt wurde.
Das Goralische ist ein Übergangsdialekt vom Polnischen zum Slowakischen, der im äußersten Süden Kleinpolens und in Teilen des
slowakischen Gebiets Orava sowie in einigen goralischen Enklaven in der Bukowina gesprochen wird. In der Umgebung der litauischen Hauptstadt Vilnius
wird litauisches Polnisch gesprochen.
Das Polnische hat eine sehr freie Wortstellung, tendiert jedoch langsam zur Verbzweitstellung.
Es gibt 2 Numeri:
- Singular
- Plural
Bis etwa zum 16. Jahrhundert verfügte Polnisch über 3 Numeri: Singular, Dual, Plural. Hinweise auf den historischen Dual gibt es
noch bis heute im Wortschatz (beispielsweise bei Körperteilen, die paarig vorkommen). Zum Beispiel: Nominativ Singular: ręka
(Hand), Nominativ Plural: ręce. Der heutige Plural ist ein historischer Dual. Der eigentliche Nominativ Plural würde *ręki
lauten (und mehrere Einzelhände bezeichnen).
Es gibt 5 Genera:
- Personalmaskulinum (beschränkt auf männliche Personen)
- belebtes Maskulinum
- unbelebtes Maskulinum
- Femininum
- Neutrum
Polnisch verfügt über ein gut ausgebautes Formensystem und hat das altslawische Kasussystem bewahrt: 6 Kasus für Nomen, Pronomen
und Adjektive und ein siebter Kasus, der Vokativ, für Nomen und Pronomen, der in der direkten Anrede gebraucht wird.
Fall: Nominativ (Mianownik) - wer? was? - kto? co?
Fall: Genitiv (Dopełniacz) - wessen? - kogo? czego?
Fall: Dativ (Celownik) - wem? - komu? czemu?
Fall: Akkusativ (Biernik) - wen? was? - kogo? co?
Fall: Instrumental (Narzędnik) - mit wem? womit? - (z) kim? (z) czym?
Fall: Lokativ (Miejscownik) - über wen? worüber? - o kim? o czym?
Fall: Vokativ (Wołacz) - (Anredeform) - o!
Im Polnischen werden Substantive - im Gegensatz zum Deutschen - grundsätzlich kleingeschrieben, Ausnahmen sind Eigennamen und
Satzanfänge. Es werden wahrnehmbare und nicht wahrnehmbare (abstrakte Objekte oder Eigenschaften) sowie belebte (personale) und unbelebte
(nichtpersonale) Substantive unterschieden. Dies ist für die Deklination sehr wichtig.
Fast alle Adjektive werden nach einem Grundmuster dekliniert. Es gibt zwei Arten von Adjektiven:
- weichstämmige, die auf einen weichen Konsonanten oder auf k bzw. g auslauten, haben die maskuline Nominativendung -i
- hartstämmige (alle anderen) haben die Endung -y
Verben werden nach Person, Numerus und Genus flektiert. Wie das Russische und andere slawische Sprachen so verfügt auch das Polnische
über ein kompliziertes Aspektsystem. Das Tempussystem hat eine Vereinfachung erfahren, indem drei alte Tempora (Aorist, Imperfekt,
Plusquamperfekt) aufgegeben wurden. Das Präteritum ist die einzige Vergangenheitsform, die noch gebraucht wird. Vereinzelt trifft
man, vor allem in der Schriftsprache, den Plusquamperfekt, auch wenn es als obsolet gilt.
Präpositionen sind unveränderlich und bilden zusammen mit einem Substantiv oder einem Pronomen eine Sinneseinheit.
Wie jede lebende Sprache unterliegt auch das Polnische im Laufe der Zeit normalen Entwicklungen und Veränderungen, sowohl in der
Grammatik als auch im Wortschatz. Manche Änderungen werden zu einem festen Bestandteil der Sprache, andere wiederum haben kaum
einen Einfluss oder geraten in Vergessenheit.
Dialektstruktur: Die Dialekte der polnischen Sprache vereinheitlichen sich im Zusammenhang mit der Umsiedlung der Bevölkerung nach
dem Zweiten Weltkrieg, der Verstädterung, den Einflüssen der Massenmedien und der Bildung, die in der Standardsprache stattfindet,
immer mehr. Die Dialekte sind in der jüngeren Generation kaum ausgeprägt, davon ausgenommen sind jedoch der góralische und der
schlesische Dialekt, die im Augenblick nicht vom Aussterben bedroht sind. Die Mehrheit spricht als Muttersprache die polnische
Standardsprache.
Grammatik: Eine gegenwärtig zu beobachtende Veränderung besteht darin, dass die maskuline unbelebte Sachform durch die maskuline
belebte Sachform ersetzt wird. Viele Wörter, die bisher als eindeutig unbelebt betrachtet wurden, werden umgangssprachlich, vor
allem in der Jugendsprache, als belebt angesehen. Dies äußert sich dadurch, dass der Akkusativ dem Genitiv gleicht, und nicht wie
bisher, dem Nominativ. Sehr oft (noch in der Umgangssprache) anzutreffende Formen sind „mieć pomysła“ (eine Idee haben) oder
„obejrzeć filma“ (einen Film ansehen). Doch die meisten Neologismen und Fremdwörter, die sich auf nichtmaterielle oder
nichtwahrnehmbare Begriffe beziehen, nehmen auch in der offiziellen Sprache die maskuline belebte Sachform an. Beispiel:
„dostać e-maila/SMSa“ (eine E-Mail/SMS bekommen).
Wortschatz: Es werden immer mehr Wörter aus dem Englischen entlehnt. Gleichzeitig verschwinden viele französische und russische
Fremdwörter. Eine interessante Erscheinung ist die änderung mancher französischer Fremdwörter von der französischen
in die englische Aussprache, z. B. wird image wie im Englischen imidz ausgesprochen und nicht wie im Französischen imaz.
In den letzten Jahren flossen sehr viele vulgäre Ausdrücke in die Umgangssprache ein (z. B. das Adjektiv zajebisty, lässt
sich mit der heutigen Bedeutung von geil vergleichen, bedeutet ursprünglich aber etwas völlig anderes als die damalige
deutsche Bedeutung). Viele andere Wörter, welche weiterhin vulgär sind, haben ihre Stärke verloren und werden oft in
Situationen gebraucht, die früher undenkbar waren (das Wort kurwa, polnisch für Hure, wird z. B. von vielen Polen in der
Umgangssprache als Interjektion verwendet und entspricht damit in etwa dem fuck in der englischen oder dem „Scheiße“ in
der deutschen Sprache).
Auf der anderen Seite werden im Rahmen der politischen Korrektheit manche Wörter als stärker beleidigend empfunden als früher.
Zum Beispiel ist es heute nicht mehr angebracht pedał (hier: schwul) zu benutzen (außer in der Bedeutung Pedal), das Wort gej
(vom engl. gay) oder homoseksualista (Homosexueller) haben es ersetzt.
Phonologie: Da immer mehr Wörter aus dem Englischen mit seiner unterschiedlichen Sprachstruktur entlehnt werden, verbreiten
sich in diesem Zusammenhang bisher selten anzutreffende Lautverbindungen immer mehr. So erscheint z. B. i nach alveolaren
Lauten t, d, s, z, r (didżej, tir, ring).